Meine Gedanken zu Regeln im Allgemeinen und den Video-Einstell-Regeln im Besonderen
Regeln organisieren das gemeinschaftliche Leben und geben Verhaltensweisen vor. Regeln können sinnvoll sein („Vor dem Start Finger aus dem Drehbereich der Rotoren entfernen“). Regeln können absurd sein („Du sollst Deine Frau lieben, sie ehren und ihr sonntags nach getaner Hausarbeit die Füße mit Ameisenmilch einreiben“).
Ihr Charakter von „Handlungsanweisungen“ unterscheidet Regeln von Verboten. Verbote sind Vorschriften, die oft mit „Du sollst nicht“ beginnen, dabei aber gerne etwas schwammig bleiben (das hat durchaus auch „historisch gewachsene Gründe“. Wenn ein höheres Alphatierchen diktiert „Du sollst nicht töten“, dann ist das ein Verbot, kein Gebot, egal, was der Diktator sich als Überschrift ausdenkt. Verbote haben den philosophischen Nachteil, dass ihre Urheber gerne selbst gegen sie verstoßen und erwarten, dass ihre Anhänger Spaß daran haben, die Verbote eher für „allgemeine Richtlinien“ zu halten – siehe z.B. 4. Mose 31). Verbote leiden darunter, schon zum Zeitpunkt ihrer Formulierung mindestens kritisierbar, fast immer ungenau und nicht selten (vor allem in absoluter Form) einfach lächerlich zu sein.
Regeln kommen, das weiß sogar der Volksmund (der sonst nicht durch tiefsinnige Betrachtungen auffällt), mit Ausnahmen. Die die Regel bestätigende Ausnahme ist es, die eine Regel sogar schärft, sie abgrenzt, ihre Brauchbarkeit prüft und festigt. Ausnahmen von Regeln sind nicht einfach „Salz in der Suppe“, sie sind notwendige Stellschrauben, um Regeln zu verbessern – quasi die Flightcontroller der Regelcopter.
Wenn eine Regel besagt, dass bei der Ausübung eines Hobbys „Dritte nicht gefährdet werden dürfen“, dann will der Regelverfasser zwar damit zeigen, dass er „sich Gedanken gemacht hat“, vor allem will er aber davon ablenken, dass er beim Denken nicht viel weiter als „was lässt mich gut dastehen“ gekommen ist: Das „Nicht-Gefährden von Dritten“ ist bereits Bestandteil unseres Grundgesetzes (Artikel 2) und bedarf keiner weiteren Formulierung. Es gibt nur wenige Hobbys, deren Ausübung grundsätzlich jede Gefährdung von Dritten ausschließt (und von diesen wenigen möchte ich persönlich nur eines ausüben, über das man aber in der Öffentlichkeit in unserer doch recht prüden Gesellschaft nicht spricht).
„Untersagen“ ist also a) keine Regel, b) durch seinen absoluten Charakter in der Realität nicht – absolut – umsetzbar und c) im konkreten Kontext („Einstellen von Videos“) bereits an der Kante des Grinselns. Das Einstellen von Videos in ein Forum an sich gefährdet selten Dritte. Die gemeinte Gefährdung entsteht beim Videodreh, beim Ausüben des Hobbys, nicht beim Videoveröffentlichen. Mein persönlicher Rat ist, Regeln konkret auf das zu regelnde Verhalten zu beziehen, nicht auf Irgendwas drumrum. Wenn unbedingt von „Du sollst nicht gefährden“ die Rede sein soll, dann so, dass das Hobby an sich dabei ernstgenommen wird. Sonst hieße es ja, dass nur Videos von Flugversuchen in vollständig leeren Turnhallen veröffentlicht werden dürfen.
Formulierungen, die „Dazu“ verwenden, erklären das Vorangegangene. „Dazu“ bezieht sich in den neuen Video-Einstell-Regeln auf „das Untersagen von Gefährdungen Dritter“. Die Regel sagt also aus, dass zum Gefährden Dritter ein Sicherheitsabstand zu Verkehrsmitteln notwendig ist. Dass ich diese Regel (genauer: Erklärung einer Regel) schwer verständlich finde, erwähne ich nicht, denn das ist allein mein Problem. Allerdings ist dieser Satz (diese „Ich werde eine Regel, wenn ich groß bin“) mit vorsichtiger Bearbeitung ein gutes Beispiel für das, was ich unter einer brauchbare Regel verstehe:
Schriebe man „In diesem Forum veröffentlichte Videos sollen stets den umsichtigen Umgang von FPV-Fahrten und –Flügen zeigen, dazu gehört ein sinnvoller Mindestabstand zu Fahrzeugen, speziell zu Fluggeräten aller Art, sowohl des steuernden Piloten als auch des gesteuerten Modells“, so wäre dies sowohl eine Regel (die Ausnahmen zulässt, die man dann genüsslich diskutieren kann), als auch eine flexibel anwendbare „allgemeine Richtlinie“. Dass ein Trottel wie ich, der beim Fliegen nur deshalb kein Garagentor rammt, weil im Umkreis von etlichen hundert Metern keine Garage steht, einen größeren „sinnvollen Abstand“ zu allem außer einem einzelnen Planeten braucht , als ein Pilot, der ein ferngesteuertes Kamel sogar durch ein Nadelöhr bringt, wenn die Nadel noch unentdeckt im Heuhaufen steckt, versteht sich und wäre in dieser Formulierung vorweggenommen.
Stellt man ein Video in ein Forum, so wird man durch diesen Vorgang selten gegen Vorschriften über Sendeleistungen und –Frequenzen verstoßen. Diese Kritik an den Regeln ist schon deshalb trivial, weil sie den gleichen Gag einsetzt wie die zuvor genannte, ich bitte also um Entschuldigung. Anders als bei dem Gedanken an den Sicherheitsabstand zeigt diese Regel aber eine kontraproduktive Vermischung von „mich stört da noch etwas ganz anderes“ mit „was sind denn nun eigentlich unsere Richtlinien“. Denn weder das Einstellen (s.o.) noch das Drehen des Videos an sich stellen – bei Verstößen gegen Vorschriften – Probleme dar. Das Drehen einer Ordnungswidrigkeit ist nicht strafbar, die Ordnungswidrigkeit ist es!
Wenn Allgemeinplätze so wichtig sind, kann man eine „Präambel“ vor die Regeln stellen: „Alle hier veröffentlichten Videos sollen im Rahmen der geltenden Vorschriften und Gesetze produziert worden sein, Videos, die erkennbar Verstöße gegen geltendes Recht zeigen, dürfen – außer zu dokumentierenden Zwecken – nicht veröffentlicht werden.“ Das mit dem „Dokumentieren“ öffnet dabei schon wieder jeder Art von Dokumentation Tür und Tor. Gleichwohl: Ich bin durchaus für Dokumentation. Auch für Dokumentation von Verstößen. Denn Regeln sind FÜR die Menschen gemacht, nicht gegen sie – sonst wären sie Verbote, die, siehe die bekannten „Gebote“, historisch nachweisbar keine nennenswert positiven Effekte gezeigt haben.
Der nächste Satz, der aussagt, dass geltende Regeln „geltende Regeln“ sind (zynisch zusammengefasst), ist vollständig überflüssig, denn er wiederholt den Inhalt des vorigen und ist in seiner Gesamtaussage trivial.
Der letzte „Regel-Satz“ ist alles, aber weder Regel noch Verbot noch klare Aussage. „Nicht erwünscht“ heißt, dass alles erlaubt ist, aber im Einzelfall als unangenehm empfunden wird. Es gibt meiner Meinung nach keine Internet-Videos ohne werbenden Charakter, im Grenzfall wirbt das Video für die Genialität des Videoten, der im richtigen Moment die Kamera in die richtige Richtung gehalten hat. „Werbevideos jeglicher Art“ als „unerwünscht“ zu bezeichnen ist also so, als würde man schreiben „Videos, die etwas anderes als gar nichts zeigen, werden als optische Belästigung verstanden“. Nicht hilfreich. Nicht sinnvoll. Nicht Regel.
Gemeint ist doch – und das kann ich als ehemaliger Forenbetreiber voll und ganz verstehen – die Eindämmung von Werbung für kommerzielle Produkte, einschließlich Dienstleistungen. Gemeint ist ganz konkret das, was Abmahnanwälten Vorlagen bietet für freundliche Schreiben, die von „Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht“ schwafeln. Gemeint ist, dass Gewerbetreibende das Forum nicht für billige Produktwerbung missbrauchen sollen. Der Gedanke ist gut, ist richtig, ist zu unterstützen. Aber dann sollte das auch so geschrieben werden – verständlich, anwendbar und im Einzelfall ausreichend flexibel, um Ausnahmen („Regel“!) zuzulassen. Es ist schwierig, Werbung von Productplacement abzugrenzen und fast aussichtslos, Productplacement von Dokumentation zu unterscheiden. Wenn schon „richtige“ Gesetzesgeber damit Probleme haben, ist eine Forenregel, die einfach alles, was „wirbt“, ausschließen will, weit über jedes Ziel hinausgeschossen. Denn das oben schon als einzig zulässig angedachte Video eines Testflugs in einer leeren Sporthalle würde ja sowohl für das fliegende Modell werben, als auch für die Sporthalle, es würde für den Piloten werben, für den Kameramenschen etc. Ich weiß, dass das nicht gemeint ist, aber es ist, im Moment, so formuliert. Die Leser der Regeln machen sich nicht Gedanken über deren Inhalte (und eine sinnvolle Anwendung derselben), sondern über die Formulierung der Regeln. Das ist schlecht. Es sind also schlechte Regeln.
„Intros“ ist Halbstarkensprache und hat in Regeln für ein Forum, in dem sich auch Erwachsene tummeln, meiner Meinung nach nichts verloren. Ja, nun, ich war auch mal jung, und damals, vor dem Krieg, hat man unter „Intro“ möglicherweise noch ganz Anderes verstanden (damit meine ich nicht einmal, dass das Intro „kennen wir uns nicht irgendwoher“ schon damals unerwünscht war). Natürlich könnte man diskutieren, ob das, was wir Anfang der 80er des vorigen Jahrhunderts unter „Intro“ verstanden haben (das Demonstrieren von Kreativität, von Programmierkenntnissen und von wirklichkeitsrelevanten Fähigkeiten, die schulische Lehrkräfte bis heute weder kennen noch verstehen), einem Forum wie diesem nicht gerade perfekt zu Gesicht stünde. Muss man aber nicht. Diskutieren, meine ich. Wenn die Präsentation von Flugkünsten, von FPV-Lösungen (produktunabhängig) oder von Video-Ideen nicht erwünscht ist, dann darf ein Forenbetreiber das so vorgeben. Zulässig bleiben dann nur Videos, die möglichst schlecht gemacht sind, möglichst langweilig und die jeden Anschein von Kreativität tunlichst vermeiden.
Wie könnte also der Wunsch, Produkt- und Dienstleistungswerbung zu vermeiden, brauchbar in eine Regel gegossen werden? Ein Ansatz könnte der dümmstmögliche sein: „Videos, die vorrangig Produkt- oder Dienstleistungswerbung zeigen, dürfen nur nach vorheriger Absprache mit der Forenleitung veröffentlicht werden“. Vielleicht ist diese Lösung aber wirklich zu einfach. Es ist Samstag. Da bin ich zu komplexeren Gedanken nicht in der Lage.
Mein Vorschlag für Videoveröffentlichungsregeln – um dieses ganze Gerede von mir zu einem konstruktiven Abschluss zu bringen:
Präambel: Videos sind ein willkommenes Mittel, das Hobby „FPV-Modellbau“ in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dieses Hobby ist, wie viele andere, mit möglichen Risiken für Unbeteiligte (Zuschauer, Dritte) verbunden. Deshalb sollen in diesem Forum nur Videos veröffentlicht werden, deren Inhalte erkennbar ohne Gefährdung Unbeteiligter erstellt wurden. Es versteht sich von selbst, dass geltende Gesetze und Vorschriften bei der Erstellung der Videos eingehalten werden. Im Einzelfall können, z.B. zu Dokumentationszwecken, nach vorheriger Absprache mit der Forenleitung auch Videos veröffentlicht werden, die diesem Grundgedanken widersprechen.
Regel 1: Beim Steuern von Modellen, insbesondere beim Steuern von FPV-Fahrzeugen, hat Sicherheit für alle Beteiligten und Unbeteiligten sowie für Tiere und Sachen oberste Priorität. Hier veröffentlichte Videos sollen daher die verantwortungsvolle Ausübung des Hobbys FPV zeigen, auf die Darstellung gefährlicher Manöver soll verzichtet werden.
Regel 2: Videos, die offensichtlich(!) unter Umgehung geltender Vorschriften und Gesetze entstanden sind, z.B. im Bereich Funktechnik, Flug- und Straßenverkehr oder durch den erkennbaren Einsatz nicht zugelassener Geräte, dürfen nur nach vorheriger Absprache veröffentlicht werden.
Regel 3: Hier veröffentlichte Videos sollen der positiven Präsentation des Hobbys dienen, nicht vorrangig der Werbung für einzelne Produkte oder Dienstleistungen. Videos, die hauptsächlich für Produkte oder Leistungen werben, dürfen nur nach vorheriger Absprache hier veröffentlicht werden.
Ich gebe zu, dass dies nur „so dahinformuliert“ ist. Ich habe lediglich versucht, die (meiner Meinung nach richtigen!) Gedanken der „Videoregeln“ aufzugreifen und in etwas verständlichere Form zu bringen.
Nicht nur in der Kindererziehung und im Handwerk „Schreiben“ gilt: Du sollst nicht sagen „Du sollst nicht“. Sag lieber „Mach doch mal“.
Marc